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"Magischer Tisch" schafft selber Ordnung

Motoren in den Tischbeinen verursachen kaum merkbare Vibrationen - Tischplatte mit Wabenstruktur

Von Dörte Sasse

Berkeley - Wie von Geisterhand bewegt rutscht das Bier über die Theke zum Durstigen, auf dem Esstisch arrangieren sich Teller und Besteck korrekt nach Knigge. Keine Zukunftsmusik mehr: US-Forscher haben die Prototypen solch "intelligenter Tische" bereits entwickelt. Mit Hilfe kaum merkbarer Vibrationen können sie gezielt verschiedene Gegenstände auf dem Tisch ansteuern und unabhängig voneinander bewegen - selbst in verschiedene Richtungen gleichzeitig.

Das Geheimnis sitzt in der Koordination winziger Motoren an den "Tischbeinen". Sie bringen die Aluminiumplatte zum Schwingen, und zwar ausschließlich in horizontaler Richtung. "Es gibt keine Auf- und Ab-Bewegung, sonst verhielte sich die Oberfläche wie ein Lautsprecher", erklärt Dan Reznik, Computerwissenschaftler an der University of California, Berkeley. Und dank der niedrigen Frequenzen seien die Vibrationen auch kaum spürbar. Die Schwingungen bringen Gegenstände auf der Oberfläche in Bewegung, indem sie ihnen kurzfristig "den Boden unter den Füßen wegziehen". Dies dauert nur Bruchteile von Sekunden, bevor die Haftreibung das Objekt wieder unter Kontrolle hat - allerdings ein Stück vom alten Standort entfernt.

Reznik entwickelte das ausgeklügelte Steuerungssystem des so genannten "Universellen Planaren Manipulators" (UPM) gemeinsam mit seinem Professor John Canny. Jahrelang optimierten sie mathematische Algorithmen, um zu bestimmen, wie sich drei Schwingungsfrequenzen überlagern müssen, um einzelne Punkte der Tischfläche zu manipulieren. Zwei Frequenzen von 35 und 70 Hertz sorgen für ein schwaches, vorantreibendes Rütteln, eine dritte Frequenz von 29 Hertz erzeugt Drehbewegung am Platz. Die Forscher demonstrierten die Fähigkeiten ihres Tisches, indem sie drei Münzen die Umrisse einer Schleife nachzeichnen ließen. Ein einzelner Penny zeichnete ein Plus-Zeichen auf den Tisch, und acht farbige Plastikchips sortierte der "Manipulator" nach der Farbe. Über dem Tisch hängt eine Kamera, die die Position aller Objekte zu jeder Zeit im Auge behält - das Steuersystem gleicht dies kontinuierlich mit den gewünschten Zielpunkten ab und variiert die Vibrationen entsprechend. Eine graphische Schnittstelle ermöglicht die Kommunikation zwischen System und Mensch: Sie zeigt die Gegenstände auf dem Tisch und lässt den Nutzer per Mausklick bestimmen, welche Objekte an welche Position "wandern" sollen.

Laut Reznik ist die Menge der Gegenstände, die das System gleichzeitig bewegen kann, wohl auf acht bis zehn beschränkt. Der erste Prototyp des UPM war ein simples Backblech, auf dem einzelne Münzen bereits gezielte Richtungen einschlugen. Diverse Kunststoff- und Aluminium-Platten folgten, bis sich eine Aluminiumplatte mit interner Wabenstruktur als am geeignetsten herausstellte. Sie überträgt die Vibrationen besser und fängt vertikale Bewegungen sicher ab. UPM ist Teil des "Distributed Manipulation"-Projekts an der UC Berkeley. Auch andere Arbeitsgruppen versuchen, Objekte auf Oberflächen in Bewegung zu bringen, unter anderem mit gezielt steuerbaren Rollerflächen, Elektromagneten oder Luftdüsen. Auch winzige Härchen, wie sie beispielsweise Einzeller zur Fortbewegung nutzen, sind in der Erprobung. Reznik und Canny arbeiten derweil an schnelleren Bewegungen der Objekte und an größeren Oberflächen. Eines Tages könnte daraus das ferngesteuerte Hotelzimmer entstehen, dass seine Möbel per Knopfdruck wieder an die angestammte Stelle rückt.

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Channel: Wissenschaft
Ressort: Innovation
Erscheinungsdatum: 07. 10. 2000